《Vera - Ein Abentuer ins Ungewisse [German]》Kapitel 37: Ankunft in Silberstieg
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Unser Marsch durch Torfbergen sorgt für Unruhe bei den Einheimischen. Man sieht schließlich nicht jeden Tag gut zwanzig Leute einer der bekanntesten Gilden aufmarschieren. An der Spitze läuft Marco Sira. Alleine die Aura des Bogenschützen lässt die Leute zur Seite weichen. Einem schlecht gelaunten Rang 3 Abenteurer im Weg zu stehen hält berechtigter Weise niemand für eine gute Idee.
“Wir sehen uns spätestens in acht Tagen wieder”, gibt uns unser Boss zu verstehen als wir durch den Torbogen schreiten. Im nächsten Augenblick nimmt der Abenteurer Anlauf und springt gute zehn Meter in die Luft. Allerdings erreichen seine Füße den Erdboden wohl so schnell nicht wieder. Mir fehlen die Worte aber der Mann läuft buchstäblich durch die Luft! Mit gigantischen Schritten lässt er Torfbergen hinter sich und ist bald nur noch als kleiner Punkt am Himmel zu erkennen. In meiner Verwunderung fällt mir erst jetzt auf, dass wir nur noch zu siebt sind. Alle Mitglieder mit einer Fertigkeit zur schnelleren Fortbewegung jagen unserem Chef bereits hinterher.
Der Rest von uns muss sich leider mit zwei bereit stehenden Kutschen begnügen. Nicht jeder bekommt schließlich solch eine Fertigkeit zur Auswahl. Allerdings kann ich gut verstehen, warum viele nach so etwas wie Hast, Rückenwind oder was auch immer Marco da genutzt hat, streben. Als Holzmagie-Nutzer, welche zur Kategorie der Naturmagie gehört, sieht es mit solchen Träumen aber eher schlecht aus. Seufzend lasse ich mich in der Kutsche nieder und verbringe die nächsten Stunden damit mehr über Silberstieg zu erfahren.
Wie sich herausstellt, liegt die kleine Stadt für einen geübten Kurier nur einen Tagesmarsch vom Berg Steinmark und der gleichnamigen Siedlung entfernt. Warum das so wichtig ist? Das Berg ist reich an Erzen und somit eine absolute Goldgrube. So viele Rohstoffe benötigen jedoch eine Menge Platz für die weitere Verarbeitung, weshalb fast alle Ressourcen nach Silberstieg wandern. Ein Klumpen Stein ist immerhin noch lange kein Eisenbarren. Alleine der Reichtum, welcher durch die Straßen wandert, macht die Stadt bereits zu einem wichtigen Ort. Jedoch klärt man mich auch darüber auf, dass praktisch jeder Weg zum Berg in Silberstieg startet. Wer also zu den Minen will, muss zwangsläufig die Bergarbeiterstadt passieren. Im Umkehrschluss bedeutet das, wer Silberstieg kontrolliert, dem gehört auch der Reichtum von Steinmark.
Da aber niemand geistig gesundes auf die Idee kommt, der Lester-Familie diese Goldgrube ernsthaft streitig zu machen, versuchen viele Abenteurer auf anderen Wegen ein Stück von Kuchen abzubekommen. Wachdienste in der Stadt, Begleitmissionen für große Lieferungen, Nahrungstransporte nach Steinmark, Bekämpfung der Goblings, welche tief unter der Erde leben, die Liste ist lang. Wer sich gut mit Herrn Lester versteht, kann dabei ein hübsches Sümmchen verdienen.
Wie ich erfahre, hat die Sira-Gilde in jüngster Zeit nicht unerhebliche Summen investiert um an gewisse Rechte und Privilegien zu kommen. Somit trifft uns die Eroberung von Silberstieg nicht nur auf persönlicher, sondern auch auf finanzieller Ebene hart.
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Allerdings sind wir nicht die Einzigen die viel zu verlieren haben. In den folgenden Stunden und Tagen überholen uns immer mal wieder Abenteurer aus verschiedenen Gilden. Was auch immer da gerade in der Bergarbeiterstadt vor sich geht, es schlägt auf jeden Fall große Wellen.
Große Wellen sind für mich ein gutes Stichwort um mir zu überlegen, was zur Hölle ich eigentlich in der bevorstehenden Schlacht tun soll. Offensichtlich ist das keine Mission für einen Level 34 Magier. Selbst wenn ich nur irgendwie die Kriterien für die erste Aufgabe erfüllen kann und wir die Stadt zurückerobern, reicht die Belohnung vermutlich aus um Level 40 zu erreichen. Dadurch, dass wir keine Ahnung von der Lage vor Ort haben, schmeisst das System mit merkwürdigen Zahlen um sich. Meine Reisegefährten vermuten das eigentlich geforderte Level für die Mission irgendwo in den dreißiger Leveln des zweiten Ranges. Fantastisch, dann bin ich ja nur 50 Level unter dem vorgeschlagenen Mindestlevel für diesen Höllentrip. Was auch immer ??? ist, befindet sich sehr wahrscheinlich sogar im dritten Rang! Das Biest braucht mich wahrscheinlich nur einmal anzuhusten und ich kann mich bereits von meinem Leben verabschieden.
Während ich über meine Möglichkeiten für die einzelnen Aufgaben nachdenke, rollen die Kutschen weiter gen Westen. Der Regen ist unser stetiger Begleiter, weshalb wir in dem zusehends steileren Gelände immer wieder mal mit anpacken müssen. Rast gibt es nur, wenn die Pferde eine Pause brauchen und selbst die Nacht nutzen wir so gut es geht aus. Der Kutscher ist zwar nicht besonders davon begeistert durch die Dunkelheit zu fahren, aber ein Säckchen Sil lässt seine Bedenken in den Hintergrund treten. Die Nachtsicht der Abenteurer ist mehr als ausreichend um dem Mann entsprechende Anweisungen zu geben. Acht Tage sind ein ziemlich knappes Zeitfenster um nach Silberstieg zu kommen. Wir tauschen unterwegs zwei mal die Pferde um uns entsprechende Wartezeiten zu sparen. Es ist immer wieder erstaunlich zu sehen, welche Türen ein wenig Sil so öffnen kann.
Die Straßen werden leider nicht besser. Statt matschigem Erdboden säumen nun zahlreiche Steine unseren Weg. Eine angenehme Reise sieht sicherlich anders aus. Je höher wir kommen, desto steiniger wird unsere Umgebung. Am sechsten Tag können wir in der Ferne bereits Berg Steinmark ausmachen. Leider steigen in derselben Richtung auch bedrohliche Rauchwolken auf. Ein schneller Blick auf die Mission verrät jedoch, dass sich nichts verändert hat. Trotzdem treiben wir die Pferde weiter zur Eile an.
Am Ende des siebten Tages erreicht unsere Gruppe das Zeltdorf unweit von Silberstieg. Anscheinend habe ich die Wichtigkeit der Stadt deutlich unterschätzt . Wenn ich die Anzahl der Zelte mal so grob überschlage, dann campieren hier gerade weit mehr als hundert Abenteuer.
Wir nutzen eine Gildennachricht um uns bemerkbar zu machen und werden wenig später von Sophie empfangen. Die Kriegerin führt uns mitten in das Herz des improvisierten Dorfes: “Marco trifft sich gerade mit den anderen Anführern zu einer weiteren Besprechung. Eure Zelte sind dort drüben, wo unser Banner steht. Sucht euch später einfach eins aus.” Während uns Sophie auf den neuesten Stand bringt, werden uns abschätzende Blicke zugeworfen. Manche Gesellen sehen so aus, als würden sie jeden Moment ihre Waffe zücken. Ein freundlicher Empfang sieht definitiv anders aus. Allerdings sind wir ja nicht für Kaffee und Kuchen hier.
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Die Banditen wurden recht schnell als Mitglieder der Rimmerbande identifiziert. Die Mitglieder haben laut Sophie mit gewöhnlichen Wegelagerern wenig gemein. Sie tyrannisieren Usenia wohl schon seit einiger Zeit und sind ziemlich gut vernetzt. Mehrere Missionen für den Kopf des Anführers sind immer noch offen. Außerdem weiß die Rimmerbande für gewöhnlich, wem sie wie lange auf die Füße treten kann, ohne die wirklich großen Gilden oder den Adel zu verärgern. Aus diesem Grund ist es für die Veteranen umso erstaunlicher zu sehen, dass die Bande hier so ein großes Ding durchzieht.
Trotz der geschätzten 250 Banditen innerhalb der verbarrikadierten Stadtmauern sind die Anführer der Gilden zuversichtlich. Genau das verkompliziert nun aber die gesamte Situation. Da jeder der Meinung ist, dass es nur genug Abenteurer braucht um die Stadt zurück zu erobern, stehen andere Prioritäten im Vordergrund. Obwohl Quantität ein solides Mittel für dieses Dilemma ist, weigern sich die Anführer ihre Leute in die erste Reihe zu schicken. Zu groß ist die Furcht darum, nicht genug aus der Situation herausschlagen zu können. Außerdem hat nicht jeder Abenteurer die gleiche Mission erhalten. Manche wollen wie wir die Geiseln retten, andere Gruppen sind nur an den Banditen interessiert. Eine dritte Fraktion möchte wiederum hauptsächlich die Ruinen der Stadt plündern. Wie die Kämpferin bereits meinte, es ist kompliziert. Zum Glück muss ich mich nicht mit solchen Sachen rumschlagen. Stattdessen liegen meine Prioritäten auf etwas Warmes zum Abendbrot und danach endlich mal wieder eine gute Mütze voll Schlaf.
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Ich blicke herab auf die zahllosen Lichtquellen am Horizont. Sowohl die Distanz, als auch die Dunkelheit sind kein Hindernis für mich. So entspannt wie sich die Abenteuer geben, wird wohl auch diese Nacht eine Ruhige werden. Ich klettere von der Stadtmauer um an anderer Stelle nach dem Rechten zu sehen. Hier und da haben sich inzwischen tatsächlich ein paar Späher positioniert. Die stetig wachsende Schar vor unseren Toren macht mich langsam nervös. Zac meint allerdings, dass ich mir mal nicht ins Hemd machen solle. Auch wenn es mich kränkt das zuzugeben, vielleicht hat er ja damit Recht. Schließlich haben die Dummköpfe, wie vorhergesagt, immer noch nicht angegriffen. Auch die Belagerung von Silberstieg hat, dank Zacs Plan, bestens funktioniert.
Wir haben noch schätzungsweise genug Nahrung um einen Monat hier ausharren. Auch sind noch mehr als genug Frauen übrig, um die Langeweile der Männer zu vertreiben. Selbst vom Alkohol ist noch reichlich da. Trotzdem werde ich diese mulmige Bauchgefühl nicht los. Meine Mutter hat mir nicht viel beigebracht. Allerdings hat selbst dieses Miststück mir immer geraten, auf meinen Bauch zu hören. Vielleicht hat sie sich aber da, wie bei vielen anderen Dingen auch, geirrt.
Vorsichtig klettere ich von meinen Aussichtspunkt herunter. Ein paar dutzend Schritte später drehe ich noch einmal fluchend um. Die andere Nacht hätten mich ein paar Hohlköpfe fast mit Pfeilen durchlöchert. “Habt ihr nicht meine grau gefärbte, linke Schulter gesehen!”, habe ich sie angeschrieben. Im Nachhinein betrachtet konnten sie das natürlich nicht, es war ja stockfinster. Das hat mich jedoch nicht davon abgehalten, ihnen eine aufs Maul zu hauen. Zac war davon weniger begeistert. Faselte irgendetwas von wegen ich müsste meine “Aggressionen” im Zaum halten und mich “mal in die Lage des Anderen versetzen”. Die Typen hätten fast auf mich geschossen verdammt! Aus diesem Grund wurde ich jetzt freundlich dazu aufgefordert, immer eine Fackel dabei zu haben. Was man nicht alles tut wenn der Boss einen darum bittet.
Meine Füße tragen mich zurück zu den Unterkünften. Ich schnappe mir schnell ein paar Flaschen Lebenselixier und steuere eine der zahlreichen Ruinen an. Ich zwänge mich ins Innere des Gebäudes. Die alter Leiter führt mich ohne Probleme das Loch hinunter. Modrige Luft steigt mir in die Nase und das entfernte Geräusch von Schaufeln und Spitzhacken dringt an meine Ohren.
Ich schreite durch eine enge Passage und stehe kurz darauf in einem uralten Höhlengang. Die Geräusche werden langsam lauter. Vor Ort stelle ich fest, dass die Männer tatsächlich ein gutes Stück vorangekommen sind: “Weiß jemand von euch wo Zac steckt?”, rufe ich in die Runde. “Hey Ron, du willst den Stoff doch wohl nicht alleine trinken?”, schallt es mir entgegen. Man hat mir in meinem Leben schon viele üble Dinge nachgesagt. Die Meisten davon stimmen auch. Jedoch kann keine Menschenseele behaupten, dass ich nicht teilen würde.
Ich werfe den Männern ein paar Flaschen zu und mache mich auf den Weg zu Zac. Die armen Seelen wissen wahrscheinlich gar nicht mehr wie Tageslicht überhaupt aussieht. Unser Boss ist der Typ Mensch, welcher sich ungern in die Karten gucken lässt. Ich weiss nicht, was er glaubt hier unten außer einen Berg voll Dreck zu finden. Allerdings hat Zac bisher mit allen Recht behalten. Trotzdem bleibt zu hoffen, dass wir finden wonach er sucht, bevor sich die Abenteurer da draußen ausgekaspert haben.
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