《Vera - Ein Abentuer ins Ungewisse [German]》Kapitel 22: Torfbergen
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Zwei Stunden später fangen Andre und ich damit an die Leichen zu plündern. Dale, Linda und Clara sind so schwer verletzt, dass wir diese Aufgabe wohl ohne sie bewältigen müssen. Der Windmagier ist bis auf ein paar Schrammen unverletzt und mir geht es zumindest gut genug um den Abenteurer dabei zu unterstützen. Die Angelegenheit ist nichts für schwache Nerven. Vor allem Sam und die kleine Lara regungslos auf dem Waldboden liegen zu sehen erfüllt mich mit Trauer. Es ist eine gute Erinnerung daran, wie kurz das Leben sein kann. Ich habe die beiden Kinder zwar kaum gekannt aber nehme mir dennoch die Zeit um ihnen eine Schweigeminute zu widmen.
Insgesamt finden wir 26 Banditen und 4 Reisende. Ich bin mir nicht sicher, ob wir auch wirklich alle Leichen gefunden haben aber in der anbrechenden Dämmerung weiterzumachen ist nicht besonders vielversprechend. Andre zeigt sich mehrfach frustriert davon, dass wir keinen Schurken in unserer Gruppe haben. Einige Nutzer dieser Klasse können wohl Fertigkeiten erlernen, um Dinge aus anderen Leutens Inventar zu stehlen. Eine Aussage die mich zutiefst beunruhigt. Bis jetzt dachte ich, dass das Inventar wie eine verriegelte Tür ist, zu der nur ich einen Schlüssel besitze.
Der Windmagier sieht mir meinen Unmut an und lacht mich aus. Freundlicherweise klärt er mich darüber auf, dass eine solche Fertigkeit nicht allmächtig ist. Die zwei bekanntesten Regeln um sich vor einem Diebstahl zu schützen sind, dass solche Fertigkeiten nur gegen Leute des gleichen Levels oder niedriger funktionieren und man sein Opfer berühren muss damit es funktioniert. “Das Inventar ist und bleibt der sicherste Ort um deine Sachen aufzubewahren. Du solltest bloß daran denken, dass auch dieser Tresor geknackt werden kann. Ich kenne mehrere Schurken, die Sachen aus dem Inventar Toter holen können. Es ist eine der wenigen Fertigkeiten, auf die ich echt neidisch bin. Solche Situationen wie die hier”, wobei der Magier auf die Leichen zeigt, “ kommen häufiger vor als du glaubst.”
Nachdem wir alle Kadaver durchsucht haben, kann ich Andres Frustration besser verstehen. Insgesamt haben wir 83 Sil, 4 Ringe und ein paar Waffen gefunden, welche sich laut dem Abenteurer noch gut verkaufen ließen. Am wertvollsten ist sicherlich die Axt und das Schwert der Rang 2 Banditen. Alles in allem eine sehr ernüchternde Ausbeute. Die potenziellen Reichtümer, welcher ein Händler wie Karl bei sich trug sind nun für immer verloren.
Unsere verletzten Mitstreiter haben zumindest das Abendessen vorbereitet. Es gibt über einem Feuer aufgewärmten Haferbrei mit verschiedenen Fruchtstückchen drin. Etwas anspruchsvolleres zu essen würde auch bei den Nebenwirkungen des Manatranks wenig Sinn machen. Das Zeug schmeckt nicht nur widerlich, sondern sorgt auch noch dafür, dass alles andere in den nächsten Tagen genauso schmeckt. Während Clara und Dale sich reichlich bedienen, ist für den Rest von uns nach einer Schüssel Schluss. Nach dem Essen teilen wir schließlich unsere Beute auf. Da wir ohne die Abenteurergruppe jetzt ebenfalls das Zeitliche gesegnet hätten, haben weder Clara noch ich etwas dagegen einzuwenden, dass alle Waffen und die Ringe in ihre Taschen wandern. Somit bin ich nun immerhin 41 Sil reicher.
Am nächsten Morgen sind alle wieder vollkommen genesen und wir beeilen uns das Waldstück zu verlassen. Es ist nichts verwerfliches daran Banditen zu töten aber keiner von uns hat Lust auf unangenehme Fragen oder Leute die etwas von unserer “Beute” abhaben wollen. Bei den Gedanken an Beute überprüfe ich auch gleich einmal meine restlichen Errungenschaften aus dieser Auseinandersetzung.
Allgemeines
Name
Torben Lang
Klasse
Magier
Spezialisierung
Lehrling des Holzes (I)
Level
21
Lebenspunkte
50/50
Lebensreg.
3/h
Mana
56/56
Manareg
3 (4)/h
Erfahrung
650/887
Attribute
Stärke
8
Vitalität
16 (25)
Geschicklichkeit
5
Wahrnehmung
13
Intelligenz
48
Einsicht
28
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Die Konfrontation hat mir einen Levelaufstieg beschert und selbst das nächste Level ist bereits in greifbare Nähe gerückt. Sobald ich Level 22 erreiche, schalte ich auch einen weiteren Fertigkeitsplatz frei. Allerdings ist es erneut beunruhigend zu sehen, wieviel Erfahrung das Töten von Menschen bringt. Irgendwelche Irren wissen diese Situation sicher zu ihrem Vorteil zu nutzen und es macht mich krank auch nur an die potenziellen Folgen zu denken.
Manabolzen Lv 3
Lässt dich einen Bolzen aus purem Mana erschaffen und auf einen Gegner werfen.
Effekt
20 (36) Schaden
Kosten
2 Mana
Wirkzeit
2 Sekunden
Seltenheit
gewöhnlich
Bedingung für Levelaufstieg
Töte 500 Feinde mit einem Manabolzen (0/500)
Mein verbesserter Manabolzen ist ernüchternd. Es hat eine ganze Weile gedauert um den Zauber auf Level 3 zu bekommen und alles was ich dafür bekomme ist ein erhöhter Grundschaden um 5. Fairerweise ist auch die Wirkzeit um eine halbe Sekunde gesunken aber trotzdem hatte ich irgendwie mehr erwartet. Der Kampf gegen die Banditen hat deutlich die Schwächen dieses Zaubers offenbart. Die Kugel fliegt weder besonders weit, noch überaus schnell. Das blaue Licht der Geschosses macht es auch nicht gerade unauffällig.
Andre hat mir verraten, dass Fertigkeiten mit Level 5 einen großen Bonus bekommen. Obendrauf schaltet man dadurch wohl auch verbesserte Versionen des gleichen Zaubers bei der nächsten Fertigkeitsauswahl frei. Selbst einige Spezialisierungen werden durch diese Meilensteine verfügbar. Allerdings ist der Weg dahin weit. Für Level 4 muss ich doppelt so viele Biester töten wie für Level 3. Wenn ich davon ausgehe, dass ich auf dem nächsten Level die gleiche Verbesserung bekomme, dann wäre ich bei 25 Grundschaden und 1,5 Sekunden Wirkzeit. Diese Aussicht ist alles andere als rosig. Hoffentlich bekomme ich auf Level 30 etwas Zerstörerisches, was eher meinen Vorstellungen entspricht.
Mein Rindenschild hat ebenfalls ein paar Projektile blocken können und weist somit einen Fortschritt von 14 aus 200 auf. Ich werde zwar noch eine Weile für Level 2 benötigen aber wenn man bedenkt, dass ich diese Fertigkeit erst vor kurzem erhalten habe, ist der Fortschritt gar nicht mal schlecht.
Die nächsten Tage fliegen ereignislos an uns vorbei. Die hügelige Landschaft lässt uns weit in die Ferne blicken. Je näher wir unserem Ziel kommen, desto mehr Häuser, Felder, Tiere und Menschen sehen wir. Schließlich sind am Horizont die ersten Bauten einer Stadt zu erkennen. Einen Tag später reihen wir uns in die Schlange der wartenden Bauern, Händler und Abenteurern ein. Torfbergen wurde offenbar um, beziehungsweise auf einem Berg errichtet. Die zahlreichen Häuser und Türmchen, welche man bereits jenseits der hohen Steinmauer sehen kann, sind beeindruckend.
Die Stadtwache kassiert 20 Sil von jedem von uns und lässt uns ohne größeres Theater in die Stadt. Ich fühle mich augenblicklich von den vielen Menschen ein wenig erschlagen. Egal wohin man sieht, überall tummeln sich Leute. Bei dem Lärm der Masse versteht man beinahe sein eigenes Wort nicht mehr. Die Abenteurergruppe lotst uns ein wenig Abseits des Trubels und verabschiedet sich. Es war nett Linda, Andre und Dale kennenzulernen. Die letzten Tage und vor allem das Gefecht im Wald hat eine Verbindung zwischen uns geschaffen, welche man nur selten zwischen völlig Fremden aufbauen kann. Vielleicht haben wir ja in Zukunft mal das Glück, gemeinsam an einer Mission teilzunehmen.
Unser erster Weg führt uns den Berg hinauf. Linda hat uns eine Unterkunft empfohlen, welche für unser aktuelles Budget geeignet sein sollte und trotzdem nicht von Ungeziefer befallen ist. Neben der schieren Masse an Menschen bin ich vor allem von ihrem Level überrascht. Bei den meisten Personen spuckt mir Identifizieren nichts außer ein paar Fragezeichen aus. Andre hat mir erzählt, dass auch einige Rang 3 Persönlichkeiten in Torfbergen unterwegs sind. Für mich selbst macht es keinen Unterschied, ob sich hinter den Fragezeichen ein Rang 3 oder “nur” ein Rang 2 versteckt. Nach meinen letzten Tagen bin ich mir ziemlich sicher, dass es auch für einen einarmigen, blinden Rang 2 Menschen ein leichtes wäre mir den Schädel einzuschlagen. Somit tue ich mein Möglichstes um jegliche Auseinandersetzung zu vermeiden.
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Die meisten Lebewesen, welche ich identifizieren kann sind Sklaven. Sie sind leicht an den Kragen um ihren Hals zu erkennen. Zu meiner Überraschung sind auch ein paar Vertreter der Bestienvölker unter ihnen.
Necamo Lv 36
Nouramo Lv 31
Bupimo Lv 30
Vor allem die Necamos ziehen große Aufmerksamkeit auf sich. Katzenmenschen sieht man in dieser Gegend wohl nicht so häufig. Fairerweise sind die abstehenden Ohren und der buschige Schwanz kaum zu übersehen. Im Gegensatz dazu werden die Hasen- und der einzelne Schweinemensch von den meisten genauso behandelt, wie ihre menschlichen Sklavenkollegen auch. Mir entgeht allerdings die Ironie nicht, dass es wesentlich schwieriger ist, einem zwei mal zwei Meter großem Bupimo aus dem Weg zu schubsen oder ins Gesicht zu spucken. Claras Verachtung für die Besitzer der Frauen und Männer der verschiedenen Rassen ist kaum zu übersehen. Wenn ihr Blick töten könnte, wäre ich wahrscheinlich sogar schon Level 23. Ich kann ihre Abscheu nachvollziehen. Allerdings ist dies weder der richtige Ort, noch die richtige Zeit um über die Rechte von Sklaven zu diskutieren. Ich muss die Kriegerin förmlich vor mir her schieben um sicherzustellen, dass kein Unglück geschieht.
Das Gasthaus “Zum buckligen Raben” ist mit der Wegbeschreibung von Linda und das Nachfragen bei einem Händler kurze Zeit später ausfindig gemacht. Der Anblick des Aushängeschildes zaubert mir direkt ein Lächeln ins Gesicht. Wer auch immer den Raben in das Holz geschnitzt hat bringt eine gesunde Portion Humor mit.
Wir betreten das zweistöckige Gebäude und werden freundlich von einer blonden Frau mit hochgebundenem Haar in Empfang genommen. Die Wirtin stellt sich uns gegenüber als Petra vor und bietet uns ein Zimmer mit großem Bett für 20 Sil die Nacht an. Es benötigt ein wenig Überzeugungsarbeit unsererseits um der guten Frau zu versichern, dass wir kein Paar sind und gerne jeweils ein einzelnes Zimmer haben wollen: “Das ist aber wirklich schade. Ich bin mir sicher, dass ihr zwei ein prächtiges Pärchen abgeben würdet. Ein Einzelzimmer kostet 12 Sil pro Nacht. Wenn ihr das Zimmer gleich für eine Woche nehmt und im voraus bezahlt, kostet euch die Woche nur 77 Sil.”
Da weder Clara noch ich über so viel Sil verfügen, zahlen wir beide erstmal nur für eine Nacht. Die Wirtin, welche ich auf Ende Zwanzig schätze, überreicht uns die Schlüssel und wir inspizieren umgehend unsere Zimmer. Wie bereits erwartet, besteht mein Zimmer quasi nur aus einem Bett und einem Schrank. Luxus sieht auf jeden fall anders aus. “Wir müssen etwas dagegen unternehmen Torben”, verkündet Clara, welchen den einzelnen Stuhl im Raum für sich beansprucht hat. “Gegen was genau?”, frage ich vorsichtig nach. “Gegen die Sklaventreiber! Hast du gesehen was sie mit den Nouramo gemacht haben? Einem Hasenmensch fehlte sogar ein Ohr!”
“Du willst also auf offener Straße dein Schwert ziehen und einen Rang 2 Menschen bedrohen?” “So jemanden als Menschen zu bezeichnen ist eine völlige Übertreibung! Abfall wäre meiner Meinung nach eine wesentlich bessere Bezeichnung für solches Gesindel.” Ich versuche gelassen zu bleiben: “Du bist also der Meinung einen Pfeil von Linda ausweichen oder einem Zauber von Andre widerstehen zu können?” Die junge Frau schaut mich irritiert bevor sie zu einer Antwort ansetzt. Allerdings lasse ich sie nicht zu Wort kommen: “Jeder von diesen Menschen da draußen ist mindestens ein Rang 2 Clara, jeder! Sie alle haben Fertigkeiten wie die von Dale und seinen Kollegen. Das Einzige was passiert wenn du dein Schwert ziehst ist, dass dein Kopf über das Kopfsteinpflaster rollt, ehe du auch nur einen Sklaven gerettet hast.”
Die Kriegerin findet keine Antwort auf meine Erläuterung. Tief drin weiß auch sie, dass wir immer noch am unteren Ende der Leiter stehen. Nur die Starken entscheiden was richtig ist. Allerdings sind wir ja auch in die Stadt gekommen um die metaphorische Leiter ein Stück nach oben zu klettern. Claras oberstes Ziel ist es, möglichst bald Rang 2 zu erreichen und danach ihren Bruder aufzustöbern. Offenbar hat ihr Klaus per Brief versprochen, dass sie sich, unter der Bedingung das sie diesen Rang erreicht, der gleichen Abenteurergruppe wie er anschließen kann. Wann immer Clara von ihm spricht kann ich ein Funkeln in ihren Augen sehen. Der Frau würde es alles bedeuten mit ihrem Bruder auf Reisen gehen zu können. Es ist ein Ziel, für welches es sich lohnt zu leben.Aus genau diesem Grund fällt mir als Freund die Aufgabe zu, sie auf diesem Weg zu begleiten und davon abzuhalten sich selber umzubringen.
Für meine eigenen Ziele benötige ich vor allem Sil, jede Menge Sil um genau zu sein. Bisher habe ich nicht besonders viele Anhaltspunkte was meine eigene Vergangenheit betrifft. Ich bin mir ziemlich sicher in Usenia geboren zu sein. Dafür spricht, dass mir der Name des Landes direkt bekannt vorkam als ich ihn das erste Mal hörte. Da Usenia das Land der Menschen ist, hilft mir dieser Umstand jedoch nicht wirklich weiter. Allerdings müssen meine Eltern oder Verwandten zur oberen Mittelschicht oder sogar zum Adel gehören. Bis jetzt habe ich noch keine Person getroffen, welche flüssig lesen und schreiben konnte. Der Händler Karl konnte zwar beides, hat mir aber verraten, dass er dies einer Fertigkeit verdankt. Sowohl laut ihm als auch den Abenteurern haben meist nur privilegierte Leute die Zeit oder die Möglichkeiten sich diese Fähigkeiten anzueignen.
Somit besteht also die Möglichkeit, dass meine Familie in irgendeiner Weise bekannt ist, was es leichter machen würde meine Verwandten aufzuspüren. Ich könnte also die großen Händler und wichtigen Personen von Torfbergen fragen, ob sie schon mal etwas von einer Familie Lang gehört haben. Allerdings weiß ich nicht, wie erfolgsversprechend das Ganze ist. Usenia ist ein großes Land und Torfbergen nur eine Stadt von vielen. Obendrein bin ich nur ein kleiner Rang 1 Magier und die Aufmerksamkeit der großen Fische nicht wert.
Die bessere Strategie wäre erstmal mehr über Usenia zu erfahren. Es gibt einen Buchladen in der Stadt. Bestimmt gibt es dort ein Buch über die Geschichte des Landes. Vielleicht macht es beim lesen von Ereignissen oder den Namen von Dörfern und Städten Klick und ich erinnere mich an mehr aus meiner Vergangenheit. Bücher sind allerdings fast so teuer wie Manatränke. Laut dem verstorbenen Händler geht jede Art von Literatur mindestens bei 200 Sil los.
Mein letzter Strohhalm ist mehr über Abweichler generell herauszufinden. Wenn ich mehr über solch mysteriösen Vorkommnisse erfahre, finde ich vielleicht einen Weg mein Gedächtnis zurück zu bekommen. Da die Wegweiserin Anna zumindest ein wenig über Abweichler Bescheid wusste, würde ich gerne den heimischen Wegweiser befragen. Dieser ist laut meinen Informationen sogar Rang 2, was wiederum die Chance erhöht das er mir weiterhelfen kann. Dafür kostet eine Unterhaltung mit ihm aber auch schwindelerregende 1000 Sil. Zusätzlich brauche ich wettergerechte Kleidung, neue Ausrüstung, Vorräte und muss mir die Unterkunft im buckligen Raben leisten können.
Um an so viele Münzen zu kommen, muss ich zügig weiterleveln. Je höher mein Level, desto gefährlichere Monster kann ich bekämpfen, desto mehr Sil verdiene ich. Somit ist es wenig verwunderlich, dass wir uns wenig später auf den Weg zur Abenteurergilde machen. Ich bin gespannt zu erfahren, was Torfbergen für uns so zu bieten hat.
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