《Sword of Ending [German]》Kapitel 19

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Ollowyn klopfte hart an die Tür des zweistöckigen Hauses, das nun das Zuhause von Meister Karthan war.

Sofort ertönte die Stimme des glatzköpfigen Schwertkämpfers. “Schatz, kannst du die Türe aufmachen? Danke.”

Die schwere Holztür öffnete sich langsam und ein kleines, dreijähriges Mädchen öffnete.

“Ollo!” Rief die Kleine begeistert bevor sie auf Ollowyn zurannte um ihn zu umarmen.

Ollowyn stellte sicher, dass seine Axt nicht in die Nähe des Mädchens gelangte und kniete sich nieder. Er ließ sich von ihr um den Hals umarmen und hob sie mit seiner Rechten auf.

“Na, Sarafina? Gut geschlafen?” Fragte er fröhlich.

“Mmh!” Erwiderte die Kleine scheu bevor Ollowyn in durch die Tür trat.

Karthan saß mit kahl rasiertem Schädel und langem, grau-braunem Bart am Esstisch, während Alissa am Herd stand und einige Eier aufschlug. Ihr Bauch war wieder größer geworden, und sie summte fröhlich. Als sie ihn bemerkte, begrüßte sie ihn “Hast du bereits gegessen Ollowyn? Willst du ein paar Eier?”

“Nein, hab noch nichts gegessen heute. Klar, danke.” Ollowyn setzte sich mit Sarafina an ihren Platz und begann ihr dabei zu helfen ein kleines Brot mit dünnen Scheiben Käse zu belegen.

Karthan bemerkte die schwarze Durakstahlaxt sofort. “Oh, schickt dich Iordai zum Holzfällen?”

Ollowyn nickte. “Ja, ich soll mich heute bei Ronkan melden.”

“Soweit ich weiß sind sie noch dabei zwei Häuser zu errichten. Die sollten nicht vor nächster Woche fertig sein. Oh, danke Liebste.” Karthan Cr’Axsun lächelte wie ein schwer Verliebter, als Alissa ihm einen Teller mit Rührei brachte.

Ollowyn konnte sich seinerseits ein Grinsen nicht verkneifen. Es war immer so angenehm Karthan und Alissa zu besuchen, hier wurde er immer mit warm empfangen und es fühlte sich ein wenig wie sein erstes Rudel an, in dem er aufgewachsen war. Alissa stellte ihm ebenfalls einen Teller Rührei hin. Es war mit Salz und Pfeffer gewürzt und hatte angebratene Speckwürfel beigemischt. Pfeffer fand man normal nicht im Tal von Ending, doch einige der Flüchtlinge hatten Gewürze aus ihrer Heimat im Süden von Valuan mitgebracht.

“Danke. Sarafina, willst du auch was?” Ollowyn nahm einen kleinen Löffel und hob etwas Rührei vor Serafina's Gesicht.

“Ja!” Sprach sie knapp und nahm ihm gierig den Löffel aus der Hand. “Spielen wir heute?” Wollte die Kleine wissen.

“Ollowyn muss heute arbeiten, er kann nicht mit dir spielen.” Karthan sprach bestimmt und streng. “Und du musst deiner Mutter helfen, Sara.”

“Okay” Sprach das Mädchen erneut und nahm einen weiteren Löffel Rührei, bevor sie sich erhob und zu ihrer Mutter rannte um sie darum zu bitten, dass Ollowyn mit ihr spielt.

“Sie ist ein schlaues Mädchen. Geht sofort hinter meinen Rücken und fragt meine Frau das gleiche wie mich wenn ich auch nur eine Sekunde nicht Acht gebe.” Karthan seufzte.

Ollowyn verbrachte noch einige Zeit beim Frühstück mit der Cr’Axsun Familie bevor er aufbrach um seine Aufgabe zu beginnen. Das Dorf war großteils schwer beschäftigt. Mit knapp siebenhundert Einwohnern und gut achtzig Wohnhäusern war das Dorf nicht gerade klein, doch wohin Ollowyn auch ging, jeder kannte ihn.

Für Ollowyn alle Menschen des Dorfes gehörten zu seinem Rudel. Er schaute hier und dort vorbei, half wo er konnte und verbrachte den Großteil seiner Freizeit damit zu lernen was die verschiedenen Familien arbeiteten und womit sie ihren Lebensunterhalt bestritten.

Der Löwenanteil waren Bauern. Gut fünfhundertfünfzig Menschen bewachten kleine Schafherden, hielten Hühner und Ziegen und bauten Gemüse und Gras an, das als Heu für den Winter diente. Eine größere Familie hatte einen kleinen See in dem sie Fische herangezogen und mehrere kleine Familien hatten sich zusammengeschlossen um mit Holz zu arbeiten. Sie fertigten Möbel und Bretter für Häuser, verkauften Feuerholz für den Winter oder fällten Bäume die jemand beseitigen wollte.

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Es gab auch einen einsamen Schmied der etwas entfernt vom Dorf an einem Waldstück lebte. Er fertigte eine Vielzahl an Werkzeugen für das Dorf und gelegentlich eine Waffe für den Iordai Clan. Doch dieser bevorzugte es Waffen aus Zenshin zu importieren. Hauptsächlich, da der Schmied alleine diese Aufgabe kaum bewältigen könnte.

Viele der Bauernfamilien hatten Nebengeschäfte die sie hauptsächlich im Winter betrieben. Das Räuchern von Fisch oder Fleisch, Käse oder Kalkbrei, der angesetzt wurde um Mauern zu errichten.

Das Leben im Tal von Ending war friedlich, das Tal fruchtbar und reichlich. Das Dorf war jedoch erheblich gewachsen, seit die Flüchtlinge aus Zenshin in den letzten zwei Jahren angekommen waren. Die Ankunft selbst war nicht ganz reibungslos verlaufen.

Der Mangel an freiem Land und damit Wohnraum, hatte dazu geführt, dass einige der Dorfbewohner Felder aufgeben mussten auf denen sich die neuen Bewohner ansiedeln konnten.

Der Iordai Clan hatte einiges an Überredungskunst benötigt, doch nach der Ankunft hatten die Kriegsflüchtlinge aus Valuan sofort Hand angelegt wo es Arbeit gegeben hatte und die Zusammenarbeit hatte die Bewohner zusammengeschweißt. Es ging sogar soweit, dass die Einwohner des Tals von Ending zusammen die Häuser für die Neuankömmlinge erbauten.

Ollowyn war nach einem kurzen Spaziergang am Ende des ursprünglichen Dorfes und sofort ersetzen neue Häuser mit hellem Holz die jahrzehnte alten Gebäude. Die Bewohner jedoch waren großteils nicht dort. Nur vereinzelt konnte Ollowyn einige Menschen sehen, die vor ihrem Haus saßen und an etwas arbeiteten, doch der Großteil war am anderen Ende des Dorfes. Schon von weitem konnte er hören wie Holz bearbeitet wurde und sich eine große Menschenmasse unterhielt.

Mit den rund 600 Flüchtlingen die bisher gekommen waren, lebten nun etwa 1300 Menschen im Dorf. Die Mitglieder des Iordai Clans nicht eingerechnet. Doch Ollowyn musste nicht so weit gehen. Ronkan war offenbar gerade dabei jemanden die Schulter wieder einzurenken. Als Ollowyn näher kam sah er auf.

“Ahh, Ollowyn! Komm, hilf mir kurz. Kannst du ihm kurz den Oberkörper aufrecht halten? Dann tu ich mir leichter.”

Ollowyn tat was ihm gesagt wurde und schon wenig später schickte Ronkan den vor Schmerz keuchenden Mann in einer provisorischen Schulterbinde nach Hause mit der Anweisung sie gut zu kühlen.

“Was ist passiert?” Fragte Ollowyn etwas besorgt.

“Er ist vom Dach gefallen, glücklicherweise hat er sich nicht gröber verletzt. Schickt dich Iordai?” Ronkan wusch sein Gesicht in dem Wasserfass, das neben dem Hauseingang stand während Ollowyn antwortete.

“Ja. Er hat mir diesen Brief gegeben.” Er überreichte Ronkan den Brief, neugierig darauf was darin stehen würde.

Dieser las den Brief mit hochgezogener Augenbraue, bevor er Ollowyn musterte und weiterlas. Er wirkte nachdenklich, als er fertig war.

“Offenbar schickt dich Iordai nicht nur für heute. Er traut dir offenbar viel zu.” Mit diesen Worten steckte er den Brief in seine Tasche und wies Ollowyn an ihm zu folgen. “Hast du schonmal einen Baum gefällt Ollowyn?”

“Ja. Ich habe auf einen Baumstamm eingeschlagen bis er umgefallen ist. Aber ohne Axt.” Ollowyn wirkte etwas verlegen. Es war wohl kaum vergleichbar wirkliche Holzarbeit zu leisten und nur rohe Gewalt auf Holz auszuüben.

Ronkan lachte kurz. “Haha, das trifft die Arbeit im Grunde. Es wird dir mit deiner Axt sicher leichter fallen. Iordai hat geschrieben, dass du uns dabei helfen wirst die Wälder auf dem Land zu roden, das wir für die Getreidefelder brauchen. Das ist jedoch keine leichte Aufgabe und er traut dir viel zu wenn er sagt, dass du die Arbeit alleine machen wirst. Du bist etwa drei Wochen vor der Zeit die wir geplant hatten um die Häuser fertigzustellen und den Wassergraben für die künftigen Felder auszuheben. Also kannst du schonmal vorarbeiten. Aber ich fürchte wir werden früher oder später zu dir aufholen.”

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Ollowyn nickte. Die Flüchtlinge setzen sich großteils aus Familien zusammen, jeweils mit mehreren Kindern, doch es gab immerhin 150 Männer die schwere Arbeit verrichteten. Selbst mit einem großen Zeitvorsprung war es unwahrscheinlich den ganzen Wald alleine zu roden.

Ronkan fuhr fort. “Für eine gute Ernte im nächsten Jahr werden wir Winterweizen anbauen, doch damit die Ernte ausreichend für das ganze Tal ist brauchen wir einiges an Land. Ich werde dir zeigen wieviel. Doch es werden viele Bäume werden, soviel kann ich dir versprechen.”

Die beiden überquerten ein kleines Feld mit einer kleinen Schafherde und grüßten den Schäfer, der den hölzernen Zaun erweiterte, bevor sie am Waldrand ankamen. Ronkan folgte dem Waldrand bis sich das Gelände leicht hoch, wo es später in felsiges Gelände und Berge überging.

“Komm hierher Ollowyn. Siehst du den Boden hier?” Er schon den Weichen Waldboden zur Seite, unter dem der weiche Waldboden zum Vorschein kam. “Das Land hier ist gut, doch nur zehn Meter weiter ist es bereits zu felsig.” Er zeigte Ollowyn den felsigen Untergrund etwas weiter weg, bevor er fortfuhr.

“Dieses Land brauchen wir nicht. Weizen wächst hier nur sehr langsam und spärlich, es würde die Ernte zu lange hinauszögern, und dann könnten wir kein Sommerweizen mehr anbauen bis zum Herbst, in dem wir wieder den Winterweizen sähen.” Er zog ein Messer und hieb ein großes “X” in einen Baum bevor er losging.

Ollowyn folgte ihm aufmerksam, doch eine Frage lag ihm sehr auf der Zunge. “Was ist Winterweizen? Sterben die Pflanzen nicht wenn es kalt wird?”

Ronkan lachte. “Nein, Winterweizen ist ganz normales Getreide, wie Sommerweizen auch. Die Pflanzen wachsen über den Herbst, bevor der erste Schneefall die Pflanzen eindeckt. Das Schützt sie vor der zunehmenden Kälte. Sie hören dann auf zu wachsen und fangen im Frühjahr wenn es wärmer wird wieder damit an. Dann ernten wir sie.”

Ollowyn war fasziniert. Er wäre nie auf die Idee gekommen, Pflanzen vor dem Winter anzubauen. Er hielt es immer noch für absurd und würde es vermutlich nicht glauben bevor er es selbst sah. “Das will ich sehen. Zeigst du mir später wie ihr das alles macht?”

Ronkan nickte. “Natürlich. Iordai hat dich geschickt, damit wir dir etwas beibringen. Aber zuerst kommt das Holzfällen.”

Der silberhaarige Junge nickte und folgte ihm weiter den Waldrand entlang. Sie durchquerten das halbe Tal, bevor Ronkan ein weiteres “X” in einen Baum ritzte.

“Das sind sechshundert Meter, Ollowyn. Vom ersten Baum mit dem “X” bis hierher. Von hier gehen wir nochmal sechshundert Meter ins Tal. Den ganzen Wald werden wir roden müssen.” Er sprach mit etwas besorgter Stimme. Offenbar war er sich nicht sicher, dass es bis zum Herbst schaffbar war.

Ollowyn schluckte etwas. Das waren eine ganze Menge Bäume. Mit Sicherheit mehr als Eintausend. Und er hatte bisher nur bis Eintausend gezählt. Doch die Durakstahlaxt in seiner Hand gab ihm ein gutes Gefühl. “Ich mach das schon” Sprach er bewusst mutig und hob die Axt lässig über seine Schulter.

Ronkan grinste. “Wir werden sehen. Du wirst uns auf jeden Fall eine große Hilfe sein. Ich möchte nicht zu tief in der Schuld von Ritto Iordai stehen, immerhin leben wir auf seinem Land.”

Seinem Land. Ollowyn wurde es mehr und mehr bewusst, aber eines Tages würde es sein eigenes Land sein. Er arbeitete hier nicht nur um den Flüchtlingen zu helfen, er arbeitete auch für sich selbst. Motiviert folgte er Ronkan bis dieser erneut ein “X” in einen Baum ritzte.

“Und von hier aus wieder bis zum felsigen Gelände am Ende des Tals. Ich bin nicht sicher, wie viele Bäume es hier gibt, aber es sollten rund 8000 sein. Vielleicht weniger. Glücklicherweise gibt es hier kaum Buschwerk, das würde Großteils als Feuerholz verbraucht als wir angekommen sind.” Ronkan wirkte besorgt. “Pass gut auf, dass die Bäume, die du fällst in eine Richtung fallen, in der keine Bäume im Weg sind. Und wenn du merkst dass der Baum fällt, ruf laut “Baum fällt”. Nur für den Fall, dass sich jemand in der Nähe aufhält.”

Ollowyn nickte. Acht mal tausend Bäume. Kein Wunder, dass Ronkan der Meinung war, dass es unmöglich war. Als er seine Axt nahm und gleich auf den besagten Baum einschlagen wollte, hielt in Ronkan hastig auf.

“Warte, warte. Wenn du hier, mitten im Wald, damit anfängst, können wir die Baumstämme nicht wegbringen. Du solltest am Waldrand anfangen, damit nichts im Weg ist.”

Verlegen betrachtete Ollowyn seine Axt. Er war zu übermütig gewesen. Doch er konnte es kaum erwarten anzufangen.

“Komm, wir gehen zurück, du weißt ja jetzt bis wohin die Felder dann reichen werden. Ich werde meiner Frau sagen, dass sie dir etwas zu essen machen soll, meine Tochter wird es dir dann bringen.” Ronkan betrachtete Ollowyns lange, silberne Haare. “Darf ich dich etwas fragen? Das ist bereits einigen von uns zuvor aufgefallen… aber dein Haar… Bist ein-”

Ollowyn unterbrach ihn fröhlich. “Ja. Ich bin ein Valurén. Falls du das meinst?”

Ronkan schluckte schwer. “Verstehe. Dann ist dein Name… echt? Bist du wirklich ein Wolfsdämon? Es gibt viele Geschichten und Ollowyn bedeutet Wolfsdämon in unserer Sprache.”

Der silberhaarige Junge schüttelte den Kopf. “Ich bin unter Wölfen aufgewachsen, aber ich bin kein Dämon. Valurén sind keine Dämonen. Das wurde euch von eurem Kaiser eingeredet.” Es machte ihn traurig, wenn er daran dachte, dass wohl viele der Flüchtlinge Angst vor ihm hatten. Speziell die Kinder hatten sich anfangs immer von ihm fern gehalten.

Ronkan nickte. “Danke für deine Ehrlichkeit. Ich werde es für mich behalten und versuchen die alten Horrorgeschichten zu verbieten wo es geht.” Er legte eine Hand auf Ollowyn’s Schulter. “Danke für deine Hilfe, wie schon so oft.”

Ollowyn grinste und griff seine Axt fester. Er konnte es kaum erwarten auf ein paar Bäume einzuschlagen. Er fühlte sich voll neuer Energie.

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