《Sword of Ending [German]》Kapitel 11

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Thasun stand auf dem östlichen Festungstor Sandreis. Während sich hinter ihm die Stadt erstreckte, spielte sich vor den Toren ein Schauspiel ab, wie Thasun es noch nie erlebt hatte. Die Reiterfürsten im Morgengrauen ihre Armee gebracht. Rund eintausend Pferde trafen jede Stunde vor der Festung ein und war kein Ende in Sicht. Die Offiziere schätzten bereits auf siebentausend Mann.

Die Garnison Sandreis belief sich auf rund sechstausend Mann. Zählte man die Alten, Schwachen, Kinder und Frauen dazu, stieg diese Zahl auf etwa zwölftausend. Der Rest der Bevölkerung hatte bereits im Vorfeld evakuiert. Die umliegenden Baronien hatten kleinere Soldatengruppen in den Wäldern postiert. Sie versuchten die Belagerung zu stören, Überraschungsangriffe zu führen oder mit Pfeil und Bogen Schwachstellen auszunutzen.

Die Barrikaden, Fallgruben und Gräben, die die Soldaten im Vorfeld gegraben hatten, waren bereits an die Reiterhorde gefallen. Mit der Ankunft von berittenen Bogenschützen gab man diese unter geringen Verlusten auf. Nun standen nur noch Mauern aus Stein dem Sieg der Reiterfürsten entgegen.

“Dort! Die Kórren Lahn. Sie kommen,” rief ein Offizier der neben Thasun auf dem Wall stand.

Kórren Lahn. Die Anführer. Ein wild zusammengewürfelter Haufen aus Stammesfürsten, die sich normalerweise über das gesamte östliche Steppenland verteilten. Jeweils begleitet von ihren zwanzig treuesten Kriegern ritten sie der Festung entgegen. Ihre Flaggen und Stammesabzeichen wehten im Wind. Thaun zählte sie stumm. Zweiunddreißig. Doch abgesehen von den jeweils einundzwanzig Reitern die unter jedem der Banner ritten waren zwei weitere Gestalten zu erkennen.

Reiter gekleidet in pechschwarzer Plattenrüstung, auf Pferden die genauso Thasuns schlimmsten Albträumen entsprungen hätten sein können. Knochenauswüchse stachen aus ihrem Fleisch hervor, und schufen zusätzliche Verteidigung. Glühend rote Augen und tiefschwarze, ledrige Haut machten sie zu einer Ausgeburt des Schreckens. Rauch stand ihnen vor den Nüstern.

“Bei den Göttern… was ist das für eine Kreatur?” fragte Harlen Thalor. “Sind das Pferde?”

Thasun schüttelte den Kopf, bevor er dem jungen Fürsten eine Erklärung gab. “Nein. Das sind… das waren einmal... Einhörner. Geh. Melde deiner Mutter und den Generälen, dass zwei Albae unter den Kórren Lahn sind.” Dann gab Thasun den Befehl die beiden schwarzen Reiter keinesfalls aus den Augen zu lassen.

Was Thasun aus Legenden über diese Albae wusste, war wenig. Es waren einst Albae im alten Valuan gewesen um einen Elben aufzuspüren und zu töten. Doch dieser Vorfall war bereits vor beinahe eintausend Jahren geschehen. Die Legenden beschrieben sie als Götter, denen nur eine große Gruppe von Magiern gefährlich werden konnte. Doch Legenden übertrieben oft und Thasun würde mit Sicherheit bald herausfinden was es damit auf sich hatte.

Stunden verstrichen, in denen die Kórren Lahn ihr Lager unter den Truppen aufgeschlagen hatten und dazu übergegangen waren Rat zu halten. Es wunderte Thasun nicht, dass die Reiterfürsten das taten. Nie zuvor hatten sie versucht eine Festung dieser Größe einzunehmen und der Schwertmeister vermutete, dass ihnen die Mittel und Erfahrung dazu fehlte.

Doch die Anwesenheit dieser Legenden beunruhigte ihn. Er machte sich auf den Weg um seine Einschätzungen mit den Befehlshabern der Festung zu teilen. Thasun trug den Rang eines Majors, mehr als eine Art ehrenhafter Titel als eine wirkliche Funktion. Doch er wurde zumindest ohne Kontrollen durch die Festungstore gelassen.

Nach einigen Minuten Fußmarsch erreichte er die Burg und kurz darauf denselben Audienzsaal in dem er Tage zuvor erst um das Nepheniel gebeten hatte. Seine Gedanken schweiften kurz zu Ollowyn. Hoffentlich war es noch rechtzeitig.

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Er hielt sich nicht lange mit Floskeln und Begrüßungen auf, zu warten war nichts, das Thasun schätzte. Sofort begann er seine Ansprache: “Lady Thalor. Die Anwesenheit dieser zwei Albae beunruhigt mich zutiefst. Wir sollten die Wachen für heute nacht verdreifachen. Wenn nicht verfünffachen.”

Arletan, der Berater des Hauses Thalor, schnaubte. “Als ob das echte Albae sind. Es ist sicherlich ein Trick um uns zu beunruhigen und unsere Moral zu stören.”

Thasun schüttelte den Kopf. “Nein. Die Anwesenheit der beiden Nachtmahre beweist es. Es gibt diese Kreaturen in unserem Land nicht. Ich bin mir sehr sicher.” Die Faust des Schwertmeisters zuckte leicht. Es war nicht immer einfach mit solchen Narren zu sprechen ohne die Geduld zu verlieren. Dieser Berater hatte zu jedem Zeitpunkt versucht seine Stellung bei Lady Thalor zu verschlechtern.

“Meister Torreí. Glaubt ihr, dass die Kórren Lahn wirklich die Stadt angreifen werden?” Harlen Thalor sah ihn besorgt an. Er sah danach aus, als glaubte er Thasun’s Einschätzung.

“Die Anwesenheit der Albae beunruhigt mich. Im Normalfall würde ich annehmen, dass die Reiterfürsten plündern und wieder abziehen. Es ist logistisch gesehen ein Albtraum eine längere Belagerung zu planen, speziell mit so vielen Pferden. Nicht zu vergessen, dass wir bereits alle Felder mit Nahrungsquellen verbrannt oder geerntet haben.” Thasun runzelte die Stirn. “Nicht zu vergessen der Mangel an Belagerungsgerät… Doch die Albae…”

Arletan wollte erneut zu einem Widerspruch anheben, doch Harlen Thalor beendete diesen Versuch sofort. “Es ist immer besser das Schlimmste anzunehmen, um auf das Beste vorbereitet zu sein.” Nach einer kurzen Pause fuhr er fort. “Wie viele hier wissen, hat mein Vater das stets gesagt, und ich gedenke seinen Worten zu folgen. Wir wissen nicht ob es wirklich einen Angriff gibt. Doch wir sollten uns dennoch darauf vorbereiten. Arletan, bitte sendet Falken zu anderen Fürsten und erbittet um Hilfe. Die Gelegenheit steht ohnehin günstig auch einen Gegenschlag zu planen.”

Lady Irina warf ebenfalls etwas ein: “Warum würden Albae die Kórren Lahn unterstützen? Den Legenden zufolge wollen sie ohnehin nur die gesamte Linie der Elben ausrotten. Und es gibt keine Elben in Zenshin? Seit Jahrhunderten nicht mehr.”

Thasun runzelte die Stirn. Es war wirklich komisch. Es gab Elben südlich von Valuan, doch sie lebten abgeschottet in Isolation. Selbst die Union der Staaten von Vereil, die mit Valuan im Krieg lag, hielten Abstand zu ihnen. Und das Elbenreich Nielthúín lag an großen Teilen ihrer Grenze.

“Vielleicht ist es etwas anderes, das sie wollen?”, versuchte es Harlen schwach. “Gold? Alte Artefakte?”

Zaldor Treiin hieb hart auf den Tisch vor ihm. “Genug. Wir haben uns auf einen Angriff vorzubereiten. Lord Thalor hätte nicht gewollt, dass wir Zeit verschwenden. Wir behalten die Möglichkeit zu verhandeln im Hinterkopf. Sitzung vertagt. Zurück auf eure Posten.”

Die Offiziere verließen den Audienzsaal und begaben sich mit ihren neuen Befehlen auf ihre Posten. Auch Thasun kehrte nachdenklich auf den äußersten, östlichen Wall zurück. Offenbar berieten die Kórren Lahn noch immer. Die Armee hatte sich weitgehend ausgebreitet. Es wirkte bedrohlich, doch in einer Belagerung fürchtete sich Thasun nicht. Doch etwas andere beunruhigte ihn sehr. Die beiden Albae gaben einzelnen Regimentern Befehle. Und die Reiter folgten diesen offenbar mit Eifer. Zu hunderten verschwanden sie in den Wäldern und begannen diese zu roden.

Thasun konnte beobachten, wie einer der beiden Alben zwei Männer mit einem dünnen Schwert köpfte. Es war zu weit entfernt um zu sagen wie gut dieser mit der Klinge hantierte, doch es war sehr schnell erledigt. Mit den Hinrichtungen beschleunigten die Krieger ihre Arbeit, spannten Pferde ein und brachten Baumstamm nach Baumstamm in das Zentrum des Heereszuges. Thasun beugte sich zu einem nahestehenden Soldaten. “Rekrut. Ich übernehme ihren Posten. Sie werden den General Kommandanten aufsuchen und ihm folgenden mitteilen: Kórren Lahn roden den Wald. Sie bauen vermutlich Belagerungsgerät oder ähnliches. Thasun Torreí bittet um eine Beratung an der östlichen Mauer.”

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Der Rekrut sah ihn etwas schüchtern an. “Noch etwas anderes? Herr Major?”

Thasun schüttelte den Kopf. “Nein. Abtreten. Durchführen.” Kurz sah er dem Rekruten noch nach, der eilig über die Mauern lief um seine Nachricht zu überbringen. Die Schlacht würde wirklich kommen. Thasun freute sich bereits darauf, doch er war einer der wenigen auf dieser Mauer, der solche Gedanken hegte.

Es dauerte einige Zeit, die Offiziere erneut zu versammeln, und zwischenzeitlich hatten die Kórren Lahn einen massiven Turm aus Baumstämmen errichtet. Er war bereits knapp sieben Meter hoch. Thasun verstand ihr Verhalten als sie anfingen eine Plattform darauf zu errichten. Als Lady Irina Thalor endlich auf der Mauer ankam, musste Thasun sie nur noch informieren.

“M’Lady. Die Kórren Lahn haben einen Verbrennungsturm errichtet. Ich vermute, dass sie... “ Thasun seufzte. “Ich vermute, dass sie euren Mann damit ehren wollen. Als Feind hat er unzählige Schlachten gegen sie gewonnen, und sie wollen ihn nun wie einen ihrer Fürsten bestatten. Mittels Verbrennung.” Er beäugte die alte Frau, der vor Rührung Tränen in den Augen standen.

“Sie wollen unsere Stadt. Wollen unseren Tod. Wollen unsere Familien versklaven, töten und vertreiben. Und dennoch ehren sie meinen Mann indem sie ihn verbrennen?!” Tränen der Wut ronnen über ihre Wangen. “Er gehört in der Familiengruft beigesetzt, wie sein Vater vor ihm! Nicht verbrannt wie einer dieser Wilden!” Sie wandte sich Thasun zu. “Bitte, Meister Torreí. Sorgt dafür, dass sein Werk nicht umsonst war. Dass diese Stadt nicht fällt!”

Thasun nickte. Die meisten Adeligen Zenshins sahen die Leichenverbrennung als unehrenhaft an. Ob die Kórren Lahn dies wussten, konnte der Schwertmeister nicht sagen, doch er bezweifelte, dass sie es aus einem anderen Grund als Ehre taten. Er empfand Respekt für seinen Gegner. Sie würden auch ihn verbrennen, sollte er je auf dem Schlachtfeld fallen. Denn auch er würde sie das Fürchten lehren.

Vanátorás streichelte die Seite seinen Nachtmahrs. Er war unruhig. Kein Wunder, wenn eine Unmenge an Futter tagein, tagaus an einem vorbeiliefen. Die Arbeit ging zügig voran, speziell nachdem seine Schwester zwei der Barbaren hingerichtet hatte. Die nichtswürdigen Kreaturen hielten so viel von sich. Doch ihre Kriegskunst war nur vergleichbar mit der von Kindern. Alle so jung, so unerfahren.

Der Alb zog eines seiner Messer. Es war aus Durássium geschmiedet, ein schwarzes Metall, das nur mit viel Kunst bearbeitet werden konnte. Die Barbaren besaßen ebenfalls Waffen die zum Teil aus Durássium geschmiedet wurden. Durakstahl, nannten sie es. Eine erbärmliche Imitation, die dem echten Metall nicht annähernd gleichkam. Während Vanátorás Messer aus reinem Durássium bestand, wurde dem Durakstahl nur ein Splitter beigemischt wenn der Stahl erzeugt wurde. Ein Splitter des selten schwarzen Metalls genügte um tausend Klingen herzustellen. Vanátorás verwarf den Gedanken. Warum beschäftigte er sich überhaupt mit den Barbaren? Schwarze Linien zuckten über sein Gesicht. Wutlinien, die seinen Gemütszustand auf sein Gesicht erscheinen ließen.

Vanátorás sprang nach vorn, zog einen der vorbeigehenden Barbaren zu sich und rammte ihm das Messer tief in das Herz. Sofort zuckte auf die lange, dornige Zunge seines Nachtmahrs nach vorn, riss ein großes Stück Fleisch von den Rippen des Mannes und schnaubte zufrieden. Vanátorás zog sein Messer aus dem Barbaren bevor dieser ihn mit Blut beschmierte und trennte den Unterarm des Mannes ab. Er reichte es seinem Nachtmahr, der es in wenigen Sekunden komplett von Fleisch befreit hatte. Er verwarf den Speichenknochen und betrachtete die Elle. Die perfekte Form. Gemütlich lehnte er sich an sein Nachtmahr, während es das Fleisch von der Leiche pflückte. Konzentriert gab er sich seiner Schnitzkunst hin und ließ sein schwarzen Durássiummesser über den Knochen wirbeln.

Schnell entstand das Bild einer brennenden Stadt mit Einzelheiten die sie ein menschlicher Künstler nur nach monatelanger Arbeit vollbringen könnte. Er öffnete seine Rüstung und verstaute den geschnitzten Knochen in einer von zehn Schatullen. Sieben ähnliche Knöchelchen lagen dort bereits verstaut. Knochen die Ruinen und zerstörte Dörfer zeigten oder das schmerzverzerrte Gesicht eines Elben. Seine früheren Eroberungen. Sie alle würden sich in ein Wandrelief einfügen, das er in Dsôn Níethrâk sein Eigen nannte.

Die verstörten Gesichter der Barbaren, die bereits in ihrer eigenen, bellenden Sprache diskutierten warum er einen der ihren getötet hatte ließen seine Wutlinien erneut erscheinen. Diese widerliche Vergewaltigung einer Sprache und die hässlichen Gesichter! Er verabscheute ihre Rasse. Nur ihre Knochen eigneten sich zur Kunst und ab und zu konnte man ihre Körper für anderweitig künstlerische Eingebungen gebrauchen.

Als er sein Messer zog und sie ansah, liefen sie jedoch schnell weiter um ihre Arbeit zu tun. Ach, Menschen. Wie Vanátorás sie hasste… Doch kurz bevor er sich erneut einen schönen Unterarmknochen aussuchen konnte, trat seine Schwester an seine Seite.

In der Schönheit der albischen Sprache teilte sie ihm mit: “Die Wahlen sind vorbei. Es beginnt.”

Vanátorás nickte. “Dann sehen wir mal ob dieser Barbaren Anführer unseren Wünschen entspricht.”

Seine Schwester lachte unter ihrem pechschwarzen Stahlhelm. “Wohl eher nicht. Wann immer ich mit den Barbaren zu tun habe, vermisse ich Orks. Weniger aufmüpfig. Berechenbarer.”

Vanátorás zuckte mit den Schultern. “So oder so, widerwärtige Kreaturen.” Dann marschierte er direkt auf den neuen Herrscher der Reiterfürsten heran, der neu gekrönt worden war. Der Alb interessierte sich nicht für ihn. Er war nur gewählt worden um den Barbaren einen einzigen Punkt klar zu machen: Sie waren nicht am Ruder.

Blitzschnell zuckte Vanátorás seine Messer und sprang an dem Mann vorbei. Dabei durchtrennte er Geschickt alles was den Kopf am Hals hielt und ergriff von hinten die schlichte Goldkrone. Der Körper fiel nach vorne, während der Kopf auf die Seite rollte. Vanátorás warf die Krone dem brutal aussehendsten Barbaren zu.

“Du bist jetzt der Anführer. Befehle deinen Männern sich bereit zu machen.” Sprach Vanátorás in der Sprache der Barbaren. Es fühlte stets grauenhaft an seinen Mund so unnatürlich zu bewegen. Er stieg auf seinen Nachtmahr und überblickte die sich sammelnden Horden. Nun war an der Zeit die Stadt in Schutt und Asche zu legen und aus den Trümmer das zu holen, wonach sie seit vielen Teilen der Unendlichkeit gesucht hatten. …

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